Dienstag, 19. März 2013

Der Heavy-Metal-Mann

Ich liebe es morgens in die Bahn zu steigen. Auch wenn ich dafür etwas früher aufstehen muss - einmal im Zug, kann ich die Zeit zur Arbeit wunderbar mit Allem verbringen, was am Steuer eines Autos nicht geht. Lesen. Nachdenken, Emails lesen, Emails schreiben oder einfach noch ein bisschen schlafen.

Wenn da heute nur nicht dieser Typ vor mir wäre, der auf seinen Kopfhörern so laut Heavy-Mucke hört, dass man meinen könnte es wären Disco-Boxen..mannomann, das ist LAUT. Und auf einmal ist meine morgendliche Entspannung in Gefahr. Lesen? geht nicht. Schlafen? Haha...und nachdenken...naja. Man ahnt es schon.
Was also tun? Auch den andren Fahrgästen ist das dröhnende Hämmern aus den Ohren des Heavy-Metal-Mannes nicht entgangen. Also was tun? Wir tun alle das gleiche. Nichts! 
Der Mann hinter mir räuspert sich genervt und tut: nichts. Die Frau schräg gegenüber guckt verwirrt durch die Gegen und tut: nichts. Ich tue. nichts. Naja, fast. Ich ärgere mich über meine Trägheit und erlaube mir nicht, wütend auf den Kerl zu sein, der offenbar taub oder am Rande des Selbstmords ist.
Ich denke bis zum Ende der Zugfahrt über mein faules Fehlverhalten nach und nehme mir vor: "Beim nächsten mal bittest Du ihn, die Musik leiser zu machen."

Tag 2. Ich erreiche den Hauptbahnhof, Gleis 6. Ich bin müde und möchte schlafen. Da sehe ich ihn. Den Heavy-Metal Mann. Mein guter Vorsatz weicht meiner Müdigkeit. ich verzichte auf meinen Stammwaggon und gehe drei Wagen weiter. Heute bloß keine Aufregung. Und am Ende der Zugfahrt ärgere ich mich über meine Trägheit. Schon wieder.

Tag 3. Ich sitze schon im Zug und packe mein Buch aus. Aus der Ferne höre ich ein Wummern. Da ist er wieder. Aber er ist weit weg und so bleiben meine Nerven verschont. Nicht aber die der anderen Fahrgäste in seiner Nähe. Verwirrte Blicke irren suchend im Abteil hin und her. Ich kann die Gedanken der Fahrgäste lesen "Was ist denn das für ein ätzendes Geräusch und woher kommt das?" Niemand sagt etwas - alle wundern bis ärgern sich.

Tag 4. Heute werde ich meine Trägheit überwinden! Wer ist schon gern die Leute, die er hasst?! Ich nicht, "Heute sag ich was!" Und ich setze mich direkt vor den Heavy-Metal-Mann und komme mir sehr heroisch vor. Aber ich höre gar nichts. Der Typ hört Musik aber sie ist diesmal angemessen leise.
Also tue ich das, was ich bisher getan habe: nichts. Und beglückwünsche denjenigen, der seine Trägheit ganz offenbar vor mir überwunden hat. Ich bleibe ein fauler Idiot mit langsamer Reaktionszeit - bin aber froh, dass es Menschen gibt, die es besser wissen. Dankeschön. Darauf ein dreifaches ACDC.

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