Dienstag, 6. Oktober 2009

Man, mann, manno

Warum tun wir Menschen uns so schwer damit, zu sagen, was wir denken? Einfach raus damit, ohne Umwege, zack! Das scheint ein Problem zu sein. Um uns auszudrücken, schlagen wir mitunter sehr verworrene Pfade ein. Ich erinnere mich an eine Szene aus dem Kunstunterricht damals in der 5. oder 6. Klasse als meine Mitschülerin Elke auf mich zukommt, ihr frisch gemaltes Bild in den Händen: "guck mal Frau Strauß, ist mein Bild nicht hässlich?" Ich schwöre Ihnen, wortwörtlich das hat sie gesagt aber ich nehme stark an, dass sie eigentlich fragen wollte:" wie gefällt Dir mein Bild? Ist das nicht schön?" Hätte Elke eben das gefragt, wäre meine Antwort milder ausgefallen. Sicher hätte ich geantwortet, dass es sich hier um ein durchaus annehmbares Kunstobjekt handelt, aber so. "Ist mein Bild nicht hässlich?" Da kann ich doch nicht widersprechen. Strafe muss sein, dachte ich und es wurde eine schonungslose Antwort auf Bestellung: "Ja, da hast Du absolut recht, was ist das nur für ein hässliches Bild?!" Niemand kann sich, erst einmal in solch vertrackte Situation hineinmanövriert, ernsthaft über diese Antwort beschweren. Bestätigt das Gegenüber doch nur die eigene Aussage. Warum tun wir Menschen uns das an?

Manchmal wollen wir aufregende Neuigkeiten erzählen, ohne sie direkt zu erzählen. Scheinbar belanglos dahingesprochene Halbinformationen sollen zum Nachfragen anregen "Mensch, der Thomas Gottschalk, das ist ein ganz ganz netter Typ." Wenn Sie auf diesen taktisch platzierten Hinweis nicht eingehen wollen, dann sagen Sie anstelle von " Woher kennst Du den denn?" einfach "Ja, ich weiß." Dann werden Sie zwar vorerst keine Einzelheiten erfahren aber Ihr Gegenüber spricht in Zukunft vielleicht Klartext.

Eine weitere Form, sich um Gefühle, Meinungen herumzudrücken ist das "man". Man kann das so nicht sagen. Da fühlt man sich schon betroffen. Da war man sehr sehr glücklich. Wie bitte? Wer war da glücklich? Warum sagen wir es denn nicht einfach: als mein Kind geboren wurde, da habe ich mich so sehr gefreut. Aber nein...stattdessen höre ich immer wieder den Satz "da war man schon glücklich, nach der Geburt." Ich verstehe einfach nicht, warum wir das tun.
Da muss man doch was machen. Das kann man doch so nicht durchgehen lassen. Da ist man am Ende seiner Weisheit.

2 Kommentare:

  1. Vielleicht fühlen sich Menschen wohler, wenn Aussagen zu Antworten werden, wenn sie gefragt wurden, wenn sie eine Art Bring-Schuld einlösen müssen. Aber Du hast Recht, es macht Spaß, sich an solche suggerierte Dialogregie nicht zu halten.

    Wie gern hätte ich von dem Freund gehört: "Sarah und ich - wir ziehen jetzt übrigens zusammen."

    In seinem Drehbuch stand aber folgender Text - gleich für uns beide:
    "Mein Sakko ist verknittert. Aber ich kann ja bald Sarahs Dampfbügeleisen JEDEN TAG benutzen."
    Ich: "Ach, wieso denn JEDEN TAG?"
    "Na, wir ziehen doch zusammen."

    Das "Ach, hatte ich das noch gar nicht erzählt gefühlt" vermittelt sich gleich mit. Da steckt gleich noch ne Entschuldigung mit drin. Ich habe Verständnis für diese Laienspiel-Auftritte.

    Wer sich, Frau Strauß, zur Klarheit nicht durchringen kann, dem hilft die weiche Mittellösung:
    "Tut mir leid, dass Du wieder mal der Letzte bist, der es erfährt, aber meine Sakkos werden sich ändern, sie werden glatt sein - JEDEN TAG."

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  2. vielleicht sind wir auch selber daran schuld, wenn sich an dieser art zu reden nichts ändert. Warum habe ich meiner Klassenkameradin damals nicht einfach gesagt, "Mensch, Dein Bild ist doch ganz nett aber es gefällt mir überhaupt nicht, wie Du mich nach meiner Meinung fragst..."?

    Dem Freund ist vielleicht gar nicht bewusst, dass er sich enttäuschend verhält.
    Solange wir unserem Gegenüber das nicht sagen, dürfen wir uns vermutlich auch nicht darüber ärgern. Auch wenn es Laienspiel-Auftritte sind. Kein Zweifel.

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